Der Offensive von Kapital und Kabinett unsere Offensive entgegensetzen!

Redebeitrag auf der ersten Tagung des 7. Landesparteitages der Partei Die Linke. Hamburg – Samstag, 17.10.2020 – Friedrich-Ebert Halle in Harburg

Liebe Genossinnen und Genossen,

zum Leitantrag des Landesvorstandes für diesen Parteitag gibt es eine Reihe gute Änderungsanträge. Die Antragskommission empfiehlt deren Annahme. Das ist gut. Aber selbst bei vollständiger Übernahme bleibt der uns vorliegende Alternative Leitantrag aus dem Bezirksverband Mitte der Bessere.

„Linkes Handeln in der Krise“ – so beginnt das Vorstandspapier. Behandelt wird dann aber hauptsächlich die Corona-Krise. Die sei eine „natürlichen Bedrohung“. Aber sind denn die Umstände, wie sich dieser Virus ausbreiten konnte, „naturbedingt“? Spielt die kapitalistische Profitlogik da keine Rolle? Sozialistinnen und Sozialisten kämpfen für ein besseres Gesundheitssystem. Um die Gesundheit der Menschen zu schützen, ist aber ein gesellschaftlicher Zustand sozialen Wohlbefindens mindestens ebenso wichtig. Linke Gesundheitspolitik ist daher vom Kampf für gute Arbeits- und Lebensbedingungen niemals zu trennen.

Vollkommen unterbelichtet ist im Vorstandspapier die Wirtschaftskrise. Deren Tiefe und bedrohliche Qualität wird überhaupt nicht erfasst. „Es zeichnet sich ein historisches Krisenszenario ab, das die Form einer Doppelkrise“ annehme. Eine „zyklische Krise (treffe) auf den externen Druck einer Pandemie“. Und weiter: „Systemische Aspekte“ seien in der öffentlichen Debatte aber unterbelichtet.

„Systemische Aspekte“? Mit Verlaub: Was ist das denn? Halten wir fest: Wir stehen aktuell vor der schwersten ökonomischen Krise im Kapitalismus seit der Großen Depression von 1929. Das ist eine zyklische Krise. Aber es ist mehr: eine tiefe, strukturelle Krise kapitalistischen Verwertung, die systemimmanent doch kaum noch zu lösen ist. Das, Genossinnen und Genossen, ist aber keine akademische Frage, denn wenn wir das nicht richtig analysieren, können wir auch die aktuellen Wendungen neoliberaler Politik, doch überhaupt nicht erfassen.

Ein Beispiel dafür: Im Vorstandsantrag heißt es, dass die „in großer Eile beschlossenen Stabilisierungsprogramme“ nur „kurzfristige Notlösungen“ seien. Sorry. Aber das ist doch eine totale Verharmlosung dessen, was wir gerade erleben! Denn dieses Krisenprogramm ist doch nichts anderes, als ein gewaltiges Umverteilungsprogramm zu Gunsten des großen Kapitals und zu Lasten der einfachen Menschen. Rosa Luxemburg sagte dazu: „Es ist und bleibt die revolutionärste Tat immer das laut zu sagen, was ist“. Und deshalb müssen wir sagen, dass niemand anders die Kosten dieser Krise wird bezahlen sollen, als die unteren Schichten. Dies kann nur verhindert werden, wenn es uns – und vor allem der Arbeiterklasse – gelingt, mit großen Aktionen auf der Straße die Kräfteverhältnisse in diesem Land grundlegend zu verändern!

Im Alternativen Leitantrag gibt es eine solche Orientierung: „Radikale Reformen stehen auf der (..) Tagesordnung.“ – Deren Umsetzung beginne mit dem Kampf um höhere Löhne. Mit dem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen. Mit dem Kampf um Arbeitszeitverkürzungen. Denn erst in solchen Kämpfen entsteht die Kraft, die schließlich dazu in der Lage ist noch mehr zu bewirken. Machen wir uns nichts vor: Ohne eine Vergesellschaftung mindestens der großen Energiebetriebe und der Automobilindustrie, kann es eine soziale und ökologische Wende niemals geben.

Es ist unsere Aufgabe diese soziale und ökologische Frage als eine Einheit zu denken. Letztendlich geht es dabei um Demokratie.

Kein Wort finde ich im Vorstandsantrag zur Lage der Flüchtlinge. Kein Wort zu Bildung, Wissenschaft und Kultur. Kein Wort zum Erstarken rechter Kräfte, samt AfD. Aber eine Linke ohne internationale Solidarität und ohne Antifaschismus kann es nicht geben. Deshalb kämpfen wir gegen Kriege und knebelnde Freihandelsverträge, in denen die Gewinne privatisiert, die Verluste aber sozialisiert werden. Deshalb kämpfen wir für eine Gesellschaft ohne Kriege und ohne Wirtschaftskriege. Gegen die neoliberale Ausplünderung von Mensch und Natur!

Lasst uns den alternativen Antrag annehmen. Nehmen wir anschließend dann aber auch noch alle anderen Papiere dazu. Das Quo-Vadis-Papier. Das von Gilbert zur Reformpolitik. Beauftragen wir den neuen Vorstand dann zu alledem eine umfassende Strategiedebatte zu organisieren, die wirklich alle einbezieht und die es uns so ermöglicht eine Handlungsorientierung auszuarbeiten, welche der besonderen Qualität der Angriffe von Kapital und Kabinett dann wirklich gerecht wird. Denn das ist unsere Aufgabe: Der Offensive von Kapital und Kabinett, müssen wir eine soziale Offensive von unten entgegensetzen. Für höhere Löhne. Für soziale Sicherheit. Für Frieden und internationale Solidarität!

[Ausarbeitung: kollektiv. Vortragender: A. Grünwald]