Diskussionsrunde: Linke Friedenspolitik
Afghanistan / Bundeswehreinsätze / kalter Krieg gegen Russland und China

Quo Vadis, Die Linke?
Newsletter Nr. 11/2021

 
Liebe Genossinnen und Genossen,

mit diesem Newsletter melden wir uns nach einer längeren Sommerpause zurück. Dafür gibt es dringenden Anlass, denn mit der Sitzung des Bundestages am 25.08.2021 stehen wir nun vor der Situation, dass sich erstmalig in der Geschichte der PDS und der Partei Die LINKE eine Mehrzahl unserer Abgeordneten im Bundestag nicht mehr für ein klares NEIN bei militärischen Einsätzen der Bundeswehr im Ausland entscheiden wollten. Von den 69 Abgeordneten der Fraktion stimmten nur 7 mit Nein, während sich 43 enthielten, 5 diesem „robusten“ militärischen Einsatz sogar zustimmten. Weitere 14 Abgeordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil. Eine gefährliche Zäsur, die weit über die Afghanistan-Frage hinaus geht.

Nicht verschweigen wollen wir, dass es aber der Parteivorstand war, der unsere Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bedrängte sich bei der Abstimmung im Bundestag zu enthalten. Wohl das Ergebnis eines Kompromisses. Gleichwohl ging von diesem Beschluss dann aber ein starker Druck auf die Mehrheit unserer Fraktionsmitglieder aus, die nach wie vor an friedenspolitischen Positionen festhalten möchten. Das ist schlecht. Erstens, weil eine solche Enthaltung in der Öffentlichkeit kaum verstanden wird. Zweitens und vor allem deshalb, weil dadurch der Eindruck entsteht, als habe die LINKE keine klaren Positionen in der Frage von Auslandseinsätzen der Bundeswehr mehr.

Nach wie vor hält sich auch das Gerücht, dass die Evakuierungsmaßnahmen (und mal unabhängig davon, dass diese bereits einen Tag später wieder beendet waren) an diesen Beschluss des Bundestages gekoppelt gewesen wären. Das ist aber falsch, denn der juristische Dienst des Auswärtigen Amts hatte bereits vor der Abstimmung klar gelegt, dass es dafür kein neues Mandat des Bundestages bedurfte. Es ist somit klar, dass der Antrag der Bundesregierung an das Parlament nur eine einzige Funktion hatte: das Parlament für die verfehlte Afghanistan-Politik der letzten 20 Jahre erneut in Mithaftung zu nehmen, in dem es die militärische Logik deutscher Außenpolitik erneut bestätigt.

Unser Eindruck besteht darin, dass viele, die sich nun im Anschluss zu Wort melden, den Text dieses nun beschlossenen Antrags der Bundesregierung zum „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan“ zudem gar nicht kennen. Wer ihn liest, dem wird aber klar, dass diese Evakuierungsaktion von vornherein nur auf eine kleine Gruppe des eigenen Personals reduziert werden sollte. Außerdem ergibt sich, dass dieser Einsatz der Bundeswehr weder räumlich, noch in der Anzahl einzusetzender Soldaten, beschränkt gewesen ist. Explizit schloss er den „Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung des Auftrags“ mit ein.

Mit diesem Newsletter verlinken wir euch diesen Antrag. Ebenso die Stellungnahmen aus der Friedensbewegung, die unsere Mandatsträgerinnen und Mandatsträger dazu aufforderten, bei einem klaren Nein zu solchen militärischen Einsätzen zu bleiben. Wir verweisen zudem auf die Erklärung jener Genossinnen und Genossen, die im Bundestag entsprechend agierten. Außerdem auf eine Stellungnahme aus dem Bezirksvorstand Hamburg Mitte sowie eine weitere unseres Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Mehmet Yildiz, die letzterer in den sozialen Medien veröffentlichte.

Nicht nur diese Ereignisse, vor allem die wachsende politische und militärische Eskalation gegenüber Russland und China, welche die Gefahr eines großen Krieges maßlos erhöhen, sind für uns Anlass sich nun mit diesen Fragen auf einer Diskussionsveranstaltung am 9. September gründlich zu beschäftigen. Zu dieser seid ihr herzlich eingeladen.

Direkt im Zusammenhang damit steht der Aufruf sich an den diesjährigen Aktionen der Friedensbewegung am Antikriegstag möglichst zahlreich zu beteiligen sowie auch weitere Aktivitäten der Friedensbewegung zu unterstützen.

Hinweisen möchten wir Euch zudem auf einen Antifaschistischen Stadtrundgang, den die Partei für den 12. September, dem Tag der Opfer des Faschismus, organisiert und der auch von Quo-Vadis-Aktiven mit gestaltet wird.


Eure Quo Vadis Die Linke Orga-Gruppe


Ohne Frieden ist alles nichts
»Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.«
(Jean Jaurès)

Diskussionsveranstaltung
Donnerstag, 9. September 2021 – 19 Uhr
Alevitische Gemeinde, Nobistor 33-35 (Nahe S Bahn Reeperbahn)

Hier kannst du Dir unser oben als Bild angezeigtes Flugblatt downloaden, das unsere Argumente im Zusammenhang mit Afghanistan sowie der wachsenden Kriegsgefahr gegenüber Russland und China bündelt:

Wir gestalten die Veranstaltung als Hybrid-Veranstaltung, an der also direkt vor Ort teilgenommen werden kann, wie auch digital.

Wer direkt vor Ort teilnehmen möchte, den bitten wir um eine kurze Anmeldung an die folgende Mail-Adresse:

Eine digitale Teilnahme ist wie folgt möglich:

Zoom-Meeting beitreten:

Meeting-ID: 818 4912 9364
Kenncode: 363623

Weitere Daten, zur telefonischen Einwahl: bitte hier klicken

Filmbericht von dieser Veranstaltung


Zum Beschluss des Bundestages zum „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan“


Stellungnahmen aus der Friedensbewegung

Stellungnahme vom 22.08.2021:

Der Antrag der Bundesregierung zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan setzt die Militarisierung der Politik fort, die in einem vorhersehbaren und von der Friedensbewegung vorhergesehenen Fiasko endete. Die Einhaltung des Völkerrechts muss unbedingte Basis aller Schritte sein, da andernfalls das Gesetz des Dschungels herrscht, das den Zerfall der internationalen Ordnung weiter forcieren würde …

Stellungnahme vom 26.08.2021:

Die Mehrheit des Deutschen Bundestages hat eine militärische Evakuierung durch bewaffnete Kräfte auf Antrag der Bundesregierung nachträglich beschlossen. (…) Mit diesem über den 31. August hinausreichenden Beschluss sind weitere Eskalationsgefahren verbunden, die den Menschen in und um Afghanistan neue Risiken aufbürden. Mit ihrem Antrag hat die Bundesregierung den Bundestag mit in Haftung genommen.(…) Aus der Logik all dieser Anträge hätten wir uns ein klares Nein der Linken bei der Abstimmung über das neue Kriegsmandat gewünscht. …

Stellungnahmen aus der Partei

Verantwortung gegen die Kriegspolitik unserer Regierung zu übernehmen, war in dieser medial aufgepeitschten Situation nicht leicht. Umso dankbarer sind wir unseren Genossinnen und Genossen Sevim Dagdelen, Ulla Jelpke, Heike Hänsel, Andrej Konstantin Hunko, Żaklin Nastic, Andreas Wagner und Zeki Gökhan, dass sie sich von ihrer klaren Anti-Kriegs-Haltung nicht haben abbringen lassen. Das verdient höchste Anerkennung und Respekt!

Nachfolgend ihre gemeinsame Erklärung:

„Darum stimmen wir mit Nein“ – Persönliche Erklärung zur Abstimmung über einen neuen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr
Diplomatische Offensive für zivile Evakuierungen – Keine Fortsetzung der gescheiterten NATO-Intervention in Afghanistan

Die Bundesregierung ist mitverantwortlich für das Desaster des NATO-Kriegs in Afghanistan: Zehntausende getötete afghanische Zivilisten, Millionen Flüchtlinge, 59 tote Bundeswehrsoldaten und allein auf deutscher Seite 12,5 Milliarden Euro an Kriegskosten. Am Ende ließen Union und SPD auch noch die Ortskräfte und ihre Familien in Afghanistan im Stich, brachten damit tausende Menschen in Lebensgefahr, auch weil sie die zuletzt am 24. Juni 2021 in den Bundestag eingebrachte Forderung der Fraktion DIE LINKE nach einer schnellen, unbürokratischen Evakuierung der Ortskräfte parallel zum Abzug der Bundeswehr ablehnten, als diese noch wesentlich gefahrloser möglich war. (…)

Klar positioniert hat sich auch der friedenspolitische Sprecher unserer Hamburger Bürgerschaftsfraktion, Mehmet Yildiz. Er erklärte sich am 24.August:

JA zum FRIEDEN! – NEIN zum KRIEG und Bundeswehr Auslandseinsätzen!

Die jetzige Situation in Afghanistan macht eins deutlich: DIE LINKE darf nicht von ihrer klaren Friedensposition abweichen. In Afghanistan wird das Versagen der geostrategischen und imperialistischen Politik der USA und der NATO mehr als deutlich. Auf dem Rücken der Menschen in Afghanistan wurden seit den 1980er Jahren islamistische Terrorgruppen – die Mudschhedin und die Taliban – aufgebaut, um die Unterstützung der Sowjetunion in Afghanistan zu beenden. (…) Nun einem weiteren Bundeswehereinsatz in Afghanistan zuzustimmen, hilft den Menschen nicht. (…) Alle Auslandseinsätze müssen sofort beendet werden. Statt Politik auf dem Rücken von Menschenleben zu machen müssen das Völkerrecht gestärkt, die UN demokratisiert und die NATO zugunsten eines gemeinsamen Sicherheitssystems unter Einbeziehung Russlands und Chinas aufgelöst werden. (…)

In die gleiche Richtung geht eine Stellungnahme des Bezirksvorstandes Die LINKE Hamburg Mitte vom 23.08.2021: Der Bezirksverband DIE LINKE Hamburg-Mitte fordert die Bundestagsabgeordneten der LINKEN auf, beim Antrag der Regierungskoalition zur Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan als Teil der weltweiten Friedenskräfte klar und deutlich geschlossen mit Nein zu stimmen. Neokolonialismus, NATO und militärische Logik sind endgültig gescheitert. Das einzige, dem DIE LINKE bzgl. der NATO zustimmen kann, sind ihre überfällige Auflösung sowie deutliche Schritte dorthin (…)

Weitere Erklärungen, darunter solche der Bundestagsabgeordneten Christine Buchholz und Alexander Neu, einen offenen Brief etlicher Hochschulprofessoren, darunter Norman Paech, wie auch eine Erklärung der Landesvorsitzenden Die LINKE Hessen, findet ihr hier:

Antrag der Bundesregierung an den Bundestag

Hier verlinken wir euch den Antrag, den die Bundesregierung an den Bundestag stellte:


Aufruf des Hamburger Forums zur diesjährigen Antikriegstagsdemonstration

Mittwoch, 1. September, 16 Uhr, Demonstration zum Antikriegstag:
Gegen Militarismus und Krieg!

Auftaktkundgebung: 16 Uhr, Gänsemarkt.
Die Demonstration startet um 16.30 Uhr.

Ab 17.30 Uhr als Abschluss: Ver.di-Kundgebung auf dem St.-Pauli-Fischmarkt.


Am 1. September 1939 begann mit dem Überfall des faschistischen Deutschland auf Polen der 2. Weltkrieg. Dieser Krieg brachte unendliches Leid über die Menschheit, er forderte weltweit über 55 Millionen Tote, Tausende Dörfer und Städte wurden zerstört.

In diesen Tagen ging der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr zu Ende, der unsere Lehre aus dem 2. Weltkrieg erneut bestätigt, dass Krieg kein Mittel der Politik sein darf. Der Afghanistankrieg der USA und ihrer Verbündeten kostete Hunderttausende Menschen das Leben, das Land wurde destabilisiert und zerstört, eine sinnvolle gesellschaftliche Entwicklung wurde unmöglich gemacht. Hauptleidtragende ist die Bevölkerung des geschundenen Landes, aber auch 59 Bundeswehrsoldaten ließen ihr Leben, viele kehrten traumatisiert aus dem Krieg zurück. Am Ende des Einsatzes ist die Bilanz verheerend.

Doch Militär und etablierte Politik ziehen daraus die Lehre, noch stärker aufzurüsten, um den nächsten Krieg nicht mehr zu verlieren. Deutschland hat in den letzten Jahren seinen Militärhaushalt stark erhöht, er soll noch weiter steigen. Als neue Feinde werden Russland und China ausgemacht.

Dieser Militarisierung stellen wir uns entgegen! Wir fordern von der alten und der künftigen Bundesregierung:

+ Entspannungspolitik mit Russland und China
+ Senkung des Rüstungshaushalts
+ Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag
+ Verbot von Rüstungsexporten


 

Antifaschistischer Stadtrundgang
am „Tag der Opfer des Faschismus“ 2021

Sonntag, der 12.09.2021
Start: 14 Uhr, Mahnmal Untersuchungsgefängnis Holstenglacis, Nähe U-Bahn Messehallen, Ausgang „Planten un Blomen“
Von DIE LINKE Hamburg und DIE LINKE Hamburg-Mitte


Am „Tag der Opfer des Faschismus“, der erste deutsche Gedenktag für alle Opfer des Nazi-Regimes und Widerstandskämpfer:innen, werden mit dem Antifaschistischen Stadtrundgang in der Hamburger Innenstadt Orte des Widerstands, Orte der Opfer des Faschismus und Orte der faschistischen Gewaltverbrechen aufgesucht. Den „deutschen Kämpfern und antifaschistischen Helden ganz Europas“ gewidmet, soll der Gedenktag die „antifaschistische Einheit“ für ein neues Deutschland, für Demokratie und Frieden demonstrieren (Hauptausschuß Opfer des Faschismus in Berlin 1945). Bis heute ist diese Entwicklungsperspektive hochaktuell zu realisieren. Deswegen wollen wir diskutieren, was wir aus der Geschichte lernen können, zur Bildung der Einheitsfront aller Antifaschist:innen, für das Wirken um den 8. Mai als Feiertag und zum Zurückdrängen aller extrem rechten Kräfte, auch der AfD aus dem Bundestag.
Wir laden alle antifaschistisch Interessierten zum Stadtrundgang ein. Die Teilnahme ist kostenlos.

Hinweis: Zu diesem Antifaschistischen Stadtrundgang wird es zum 1. September ebenfalls ein Flugblatt geben, das wir euch dann auf unserer Webseite verlinken.


Quo Vadis, Die Linke?

Web-Adresse und Impressum: www.quo-vadis-die-linke.de/impressum/

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