Landesparteitag Die LINKE Hamburg am 25./26.03.2022 – Dringlichkeitsanträge

Neben unserem Antrag Aufgaben der LINKEN, der als ordentlicher Antrag im Rahmen der Antragsfristen eingereicht wurde, haben wir gemeinsam mit weiteren Genossinnen und Genossen inzwischen auch einen Dringlichkeitsantrag für diesen Parteitag eingereicht, den wir euch nachfolgend dokumentieren. Einen weiteren Dringlichkeitsantrag verlinken wir euch hier ganz unten als PDF-Datei.

Dazu: die redaktionellen Absprachen für diesen Antrag dauerten bis zum 21.03.2022 um 18 Uhr. Um 21:00 Uhr desselben Tags trug dieser Antrag dann bereits die Unterschriften von etwa 30 Delegierten und Ersatzdelegierten unseres Landesparteitages. Wir sind daher zuversichtlich, dass er auf dem Parteitag eine breite Unterstützung finden wird.

Wer von den Delegierten und Mitgliedern der LINKEN in Hamburg diesen Antrag ebenfalls noch mit unterstützen möchte, gebe uns dies bitte bis Donnerstag, 24.03.2022 – 13:00 Uhr, unter

info@was-tun-hamburg.de

bekannt. Der Antrag wird dem Parteitag dann mit einer aktualisierten Liste der Unterstützerinnen und Unterstützer zur Abstimmung vorgelegt.
 
 
Dringlichkeitsantrag an den LPT Hamburg DIE LINKE 25./26.03.2022:

Die Waffen nieder! Vernunft ist das Einzige, was zählt!

Aus dem Völkergemetzel zweier von deutschem Boden entfesselter Weltkriege wissen wir: Es gibt nichts Unmenschlicheres als Krieg, und der russische Angriffskrieg in der Ukraine ist völkerrechtswidrig und brandgefährlich (bis zu einer atomaren Konfrontation). Er zerstört Menschenleben und Lebensgrund-lagen. Wir kritisieren das auf das Schärfste und verlangen seine sofortige Beendigung sowie den Rückzug der Soldaten. Wir stehen ohne Wenn und Aber an der Seite unserer Mitmenschen in der Ukraine und in Russland und unterstützen mit aller Kraft die friedensbewegten Aktiven in diesen Ländern.

In der Tradition so mutiger Frauen und Männer wie Bertha von Suttner, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Carl von Ossietzky wenden wir uns gegen die Logik des Krieges. Alle beteiligten Regierungen müssen sofort aus der Eskalationsschraube aussteigen. Jetzt gilt erst recht: Vernunft ist das Einzige, was zählt! Es müssen sofort diplomatische Verhandlungen zwischen der ukrainischen und der russischen Regierung unter Vermittlung der UN aufgenommen werden. Es muss ein Weg beschritten werden, bei dem die Interessen aller Seiten gewahrt werden und sich eine Kultur des Respekts, der Völkerverständigung und des Allgemeinwohls entwickeln kann.

Wir müssen die Ursachen der Eskalation erkennen, um den Krieg endgültig aus dem Leben der Völker verbannen zu können: Eine kapitalistische Weltordnung, in der das Recht des Stärkeren gelten soll, Menschen und Umwelt skrupellos ausgebeutet werden, trägt – wie es einst Jean Jaurès sagte – den Krieg in sich wie die Wolke den Regen und muss darum überwunden werden.

Der Ukraine-Krieg ist vom aktuellen Zustand der internationalen Beziehungen nicht loszulösen. Diese sind von neokolonialer Ausbeutung und geostrategischem Kampf um Einflusssphären der Großmächte bestimmt, zudem von der Konkurrenz der Großkonzerne und -banken auf der Suche nach Rohstoffen und Absatzmärkten. Haupttreiber sind – mal geeint, mal gegeneinander – die wirtschaftlich mächtigsten Staaten, die im Militärbündnis der NATO versammelt sind, und die USA als ihre Hauptmacht. Seit Jahren versuchen US-Regierungen, ihren ökonomischen Abstieg als Supermacht machtpolitisch aufzuhalten: durch selbstmandatierte Militäreinsätze, durch Interventionen im „Hinterhof“ Lateinamerika, durch Ausweitung des NATO-Machtbereichs vor allem in Osteuropa, die Aufkündigung von Abrüstungskontrollverträgen und durch gigantische Militärhaushalte sowie beispiellose Aufrüstungsprogramme samt hybrider, digitaler und Weltraum-Kriegführung. Dazu gehört auch die Aufrüstung der EU, allen voran der Bundesrepublik. Sanktionen wurden zu einem System des Wirtschaftskriegs zur Durchsetzung geopolitischer Interessen bis hin zum völkerrechtswidrigen „Regime Change“ eingesetzt. Folge dieser Politik ist auch, dass der globale Süden immer mehr in Hunger, Elend, Klimakatastrophen und Krieg zu versinken droht, noch angeheizt durch die Coronapandemie. 811 Millionen Menschen hungern in einer reichen Welt und niederschmetternde Rekordzahlen an Flüchtlingen werden zynisch in Kauf genommen. All das hat das Klima in den internationalen Beziehungen vergiftet und wesentlich zu der aktuellen Eskalation mit beigetragen.

Die LINKE lehnt das ab! Wir wenden uns prinzipiell gegen das Denken und Handeln in Kategorien von Abschreckung und Drohung. Wir verstehen uns als Teil der internationalen Bewegung für Frieden, soziale Gerechtigkeit und globaler Solidarität. Menschenrechte sind unteilbar. Sie müssen überall auf der Welt verwirklicht werden – der Friede ist die Voraussetzung dafür. Daher gibt es zu Abrüstung, Diplomatie und Völkerrecht keine humane Alternative – nur die Barbarei. Der Krieg in der Ukraine ist nicht durch zu viel Entspannungspolitik ausgelöst worden, sondern durch zu wenig. Das zu ändern, jetzt und für die Zukunft, halten wir für unsere vornehmste Aufgabe.

Sanktionspolitik und Militarisierung sind zwei Seiten einer machtpolitischen Medaille. Wir sagen Nein zum angekündigten 100 Milliarden Euro schweren „Sondervermögen“ für die Bundeswehr. Dieser entsetzliche Aufrüstungsplan dient nicht dem Frieden, sondern der Rüstungsindustrie und den Finanzoligarchen in aller Welt. Bis auf wenige Ausnahmen hat die Bevölkerung kein Interesse an Krieg. Wir sagen: Nur wer Frieden sät, wird Allgemeinwohl ernten. Die Milliarden Euro müssen für die Behebung von Armut und Wohnungsnot eingesetzt werden, für kostenlose Gesundheitsversorgung und Pflege, für Kultur und Bildung, gegen den Klimawandel und für zivile Konfliktprävention und -beilegung. Entwicklung durch Abrüstung!

Wir erinnern an den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. Für uns heißt das: Von deutschem Boden muss Frieden ausgehen! Deutschland muss sich von der NATO-Aufrüstungsdoktrin abkoppeln. Ja zu humanitärer Hilfe – nein zur Hochrüstung.

Der Krieg in der Ukraine macht deutlich, dass die Fehler der Vergangenheit jetzt erst recht behoben werden müssen: Es müssen Friedensursachen geschaffen werden! Es muss die Stärke des Rechts gelten, nicht das Recht des Stärkeren! Im Bewusstsein der Gründung der UN, erstrittener Abrüstungs- und Waffenkontrollverträge, atomwaffenfreier Zonen und des von ICAN durchgesetzten Atomwaffenverbotsvertrags sowie Konversionsaktivitäten von Gewerkschaften und zahlreicher Zivilklausel in Wissenschaftseinrichtungen sind wir Teil der internationalen Friedensbewegung für den Erhalt und Ausbau dieser zivilen Entwicklungsschritte. Wir begrüßen und unterstützen den konsequenten Pazifismus unserer Mitstreiter:innen im Hafen von Livorno und am Flughafen von Pisa, die sich gemeinsam weigern, Waffenlieferungen in die Ukraine zu verladen, wie sie es schon gegen Waffenlieferungen nach Israel und Saudi-Arabien getan haben. Es ist höchste Zeit für Diplomatie und gemeinsame Sicherheit, soziale Gerechtigkeit und Völkerverständigung. Die großen Menschheitsprobleme lassen sich nur gemeinsam lösen.

Wir fordern:

  • Den Rückzug der russischen Armee, den sofortigen Stopp aller Kriegshandlungen. Stattdessen Deeskalation und Verhandlungen, anknüpfend an die Minsker Abkommen.
  • Keine Waffenexporte und Wirtschaftssanktionen – jede Waffe tötet und verlängert den Krieg, Sanktionen treffen die Bevölkerungen.
  • Aufnahme und menschenwürdige Bedingungen für Flüchtlinge – aus allen Ländern!
  • Aufnahme und Unterstützung von Deserteuren.
  • Schluss mit der NATO-Aufrüstung und -Erweiterung! Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives europäisches Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als zentrales Ziel hat.
  • Abrüsten statt Aufrüsten! Verwendung der freiwerdenden Mittel für Soziales, Bildung, Kultur, Gesundheit, Wohnen und Klimapolitik.
  • Keine neuen Kampfbomber für die in Büchel gelagerten Atomwaffen. Beitritt der Bundesre¬pu-blik zum Atomwaffenverbotsvertrag!
  • Entmilitarisierung des Öffentlichen – Bundeswehr raus aus Schulen und Jobcentern. Keine Werbung für den „Beruf“ zu morden.
  • Keine Zwangsdienste, erst recht keine neue Wehrpflicht!
  • Keine Zensur und keine Hetze gegen Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Russland.

Die LINKE Hamburg wird ihre friedenspolitischen Aktivitäten intensivieren. Der Landesvorstand wird aufgefordert,

  • mit den hier gefassten Positionen öffentlich und parteiintern für den Ostermarsch zu mobi-lisieren,
  • die Aktivitäten der Volksinitiative gegen Rüstungsexporte aktiv zu unterstützen und die Mit-glieder für die zweite Sammelphase zu mobilisieren,
  • auf der Strategiekonferenz am 10. April die Friedensfrage und ihren Zusammenhang mit der sozialen Frage stark zu gewichten sowie weitere Aktionsberatungen für den Frieden partei¬intern zu organisieren,
  • beim Parteivorstand zu initiieren, dass die Europäische Linke eine Friedensoffensive startet und
  • die Hamburger Friedensgruppen zu einer gemeinsamen Aktionsberatung einzuladen.

Begründung der Dringlichkeit:

Es ist Krieg. Die LINKE muss sich dagegen energisch für seine sofortige Beendigung und eine langfristige Sicherheitsordnung einsetzen: Abrüstung, Deeskalation, Verhandlungen und nachhaltige gemeinsame Sicherheit.

Weiterer Dringlichkeitsantrag

Ebenfalls unterstützen wir einen weiteren Dringlichkeitsantrag unseres Genossen Holger Griebner sowie weiterer Genossinnen und Genossen. Diesen legen wir euch hier als PDF-Datei bei. Auch hier gilt: Wer diesen Antrag ebenfalls mit unterstützen möchte, melde sich bitte bis Donnerstag, um 13:00 Uhr, bei der oben genannten Mailadresse.

Dringlichkeitsantrag unseres Genossen Holger Griebner