G20-Protestwelle Hamburg Rathausplatz von Frank Schwichtenberg, lizensiert unter CC BY-SA 4.0.
Die Partei aus der wir kommen, Die LINKE, verändert ihre politische und soziale Existenzform. Sie entwickelt sich zunehmend zu einer linksliberalen Bürgerrechtspartei, in der nicht mehr gemeinsame Klasseninteressen, sondern partikulare Einzelinteressen im Vordergrund stehen. Damit verbunden ist eine grundlegende Veränderung ihrer Positionen zu den Fragen von Krieg und Frieden. Für antimilitaristische, antiimperialistische Orientierungen, scheint die Partei weitgehend verloren zu sein. Auch in ihrer sozialen Zusammensetzung ergeben sich erhebliche Veränderungen. Während einerseits Mitglieder in fünfstelliger Größenordnung allein seit den Bundestagswahlen im September 2021 Die Linke verlassen haben, strömen nun – vor allem in den Großstädten – Angehörige aus bürgerlich-akademischen Kreisen in die Partei, um eine im alten Gewand neu entstehende Partei, mit grundlegend anderen Zielen, in ihrem Sinne weiter auszuformen. Sozialistische Positionen sind unerwünscht, werden an den Rand gedrängt oder ausgegrenzt.
Das neu entstandene „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) schließt in dieser Situation, zwar nicht weltanschaulich, aber auf der politischen Ebene eine Lücke. Das gilt in friedenspolitischer Hinsicht, auch mit Blick auf soziale Interessen, die sich vor dem Hintergrund von Wirtschaftskriegen, Inflation, drohenden Verlagerungen von Produktionsstandorten etc. pp. auftun. Allerdings ist das BSW keine sozialistische Kraft. Es wendet sich zwar gegen wachsende soziale Ungleichheit, es fordert diesbezüglich eine Beschränkung der Macht der großen Konzerne, es weist aber klassenpolitisch programmatische Lücken auf. „Fairer Wettbewerb“ kann gesamtwirtschaftliche Rahmenplanung nicht ersetzen. Wir wissen mit Blick auf andere Länder zudem, dass solche Projekte, die Alltagssorgen populär aufgreifen, zwar zunächst wahlpolitische Erfolge realisieren, dann aber im weiteren Entwicklungsweg häufig scheitern. Immer dann, wenn gesellschaftspolitische Prozesse nicht zu Ende gedacht werden. Was dem BSW fehlt ist eine Bezugnahme auf die Traditionen der politischen Arbeiterbewegung.
Viele offene Fragen, die sich in dieser Situation für Sozialistinnen und Sozialisten stellen, sind in den Referaten und Diskussionsbeiträgen der „Was tun?!“ Konferenz in Frankfurt am Main angesprochen worden. Sie sind es wert noch mal gelesen zu werden:
In der Abschlusserklärung dieser Konferenz wurde betont, dass sich die in diesem Netzwerk zusammengeschlossenen Gruppen als „eine Brücke zwischen dem Erfurter Programm, sozialistischen Vorstellungen“ und den gegebenen Neuformierungsprozessen verstehen. „Was tun“ soll als ein „kommunikativer Ort“ dazu beitragen, sozialistische Positionen in geduldiger Debatte wieder zu stärken.
Die regionalen Gruppen dieses Netzwerkes haben in einigen Regionen inzwischen eine durchaus relevante Größe erreicht. Es gibt eine enge Verzahnung mit Akteuren aus der Friedensbewegung, teilweise auch mit linken Gewerkschaftsaktivisten.
So ein „kommunikativer Ort“ entsteht freilich nicht dadurch, in dem wir ihn deklarieren. Wir müssen ihn in einem Prozess politischer Praxis entwickeln. Politische Themen, die wir diskutieren, werden wir so diskutieren und bearbeiten, dass dies für unser eigenes Wirken, vielleicht auch für andere, nützlich ist. Für die Entfaltung außerparlamentarische Kämpfe ebenso, wie mit Blick auf gesellschaftspolitische Debatten, wie sie für die bevorstehende Zeit zu erwarten sind.
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